DV mit Podiumsgespräch "Zuzüger und Zaster" in Zürich 

Florian Sorg spricht mit Gästen über Gagen, Löhne und Entschädigungen von «Zuzügern» in Amateur-Orchestern. Eigentlich sind sich alle darin einig, dass die Tarif-Empfehlungen des SMV sinnvoll sind. Was aber sind die konkreten Auswirkungen auf die Liebhaberorchester und ihre Konzerte und Mitgliederbeiträge?

Wie war jetzt das mit dem Titel der Diskussion? Jedenfalls gab er zu reden, bereits am Mittagessen vor der Podiumsdiskussion. «Zaster» kommt vom rotwelschen «saster» (Eisen) und bezeichnet eigentlich nicht einfach Geld, sondern steht vielmehr für nicht ganz legal erworbene Zahlungsmittel. Doch darum geht es entschieden nicht an diesem Gespräch.

Berufsmusiker Martin Albrecht und Musikstudent Felix Haller stossen sich daran, dass bei Gagen für Musikerinnen und Musiker «gmärtet» wird – bei Handwerkern werde schliesslich auch einfach die Rechnung bezahlt. Deshalb sind beide froh um die Tarif-Empfehlungen des SMV. Beat Santschi, Präsident SMV, begründet diese damit, dass in kulturellen Bereichen «in keinem Land der Welt» der freie Markt funktioniere, und also gewisse Anhaltspunkte notwendig seien. Früher seien Kirche oder König für die Kultur aufgekommen, heute müssten der Staat und die Ämter für Kultur dafür sorgen. Weil Musik immer noch nur als nice to have, als Luxuseinrichtung, nicht aber als unbedingt nötiger Arbeitszweig angesehen wird, kann weder ein Sinfonieorchester noch ein Opernhaus ohne Unterstützung der öffentlichen Hand bestehen. Bei Lohnverhandlungen mit Zuzügern sollen also die Mindest-Tarif- Empfehlungen des SMV beachtet werden. Diese sind einsehbar unter www. smv.ch; bei Fragen helfen auch die Geschäftsstellen weiter.

Yvonne Mauz, Kassierin des Orchesters Winterthur, zeigt aber auch die andere Seite auf: Müssen für ein Konzert mehrere Zuzüger engagiert werden, steht dem Orchester meist nur beschränkt Geld für die Gage zur Verfügung.
Verschiedene Stimmen empfehlen, statt Berufsmusizierende Amateure zu engagieren. Diese spielen oftmals unter den SMV-Tarifen oder können längerfristig auch zu neuen Orchestermitglie-dern werden. Die anwesenden Berufsmusiker unterstützen diese Tendenz, schliesslich sei es ja die Idee der Liebhaberorchester, dass Amateure musizierten. Wenn dann allerdings Kleinformationen dieser Orchester von Chören zur Begleitung verpflichtet und bezahlt werden, stellt sich plötzlich doch die Frage, ob Amateure den Berufsmusikern nicht «die Arbeit wegnehmen».

Eines ist klar: Werden Berufsmusiker engagiert, sollen diese fair entlöhnt (nicht «entschädigt»!) werden. Eine gerechte Entlöhnung bedingt jedoch, dass von den Orchestern relativ hohe Gagen budgetiert werden müssen, was die Frage nach den Einnahmen nach sich zieht. Eine 5000-Franken-Kollekte soll es zwar schon gegeben haben, die meisten Orchester können davon aber nur träumen. Der Vorschlag eines 3000-Franken-Jahresbeitrags für Mitglieder findet bei den Anwesenden keinen grossen Anklang: Ein Orchester ist eben kein Golf-Club. Gefragt sind also kreative Ideen, wie Geld beschafft werden kann. Eine solche hat Daniel Schranz, Präsident des EOV und des Kammerorchesters Uetendorf. Er geht davon aus, dass alle Orchestermitglieder irgendwo Konsumenten sind. Wenn also z. B. ein Mitglied in seinem Haus neue Fenster machen lässt, gibt es die Adresse der Bauunternehmung an den Kassier des Orchesters weiter, der dem Unternehmen einen personalisierten Spendenbrief zustellt. Ob die Methode erfolgreich ist, verrät Daniel Schranz allerdings nicht.

Diskutiert wird an diesem Nachmittag auch die gerechte Entlöhnung für Musikstudierende. Während die einen fordern, dass diese bereits nach Berufsmusiker-Tarifen entlöhnt werden sollen, vergleichen andere die Situation mit Praktika in anderen Berufen, in denen auch nicht der volle Lohn bezahlt wird. Der SMV hält sich mit Tarif-Empfehlungen für Studierende bisher zurück.

Ein weiteres grosses Thema sind die Sozialabgaben und AHV-Beiträge, die seit neustem bei jeder Anstellung vom Arbeitgeber (d.h. vom engagierenden Orchester) bezahlt werden müssen. Doch darüber werden wir uns in einem weiteren Gespräch unterhalten. Schliesslich ist plötzlich halb vier geworden, und die Delegierten wollen noch etwas die Sonne geniessen. Ob sie in der Garten-Beiz mit dem Kellner über den Preis für den Espresso oder die Stange diskutieren?

Roman Häfliger-Cánepa